Jage deinem Leben nach, verfolge es, umkreise es wie ein Hund den Wagen seines Herrn. Tu was du liebst. Kenne deinen Knochen; verbeiß' dich in ihn, verscharre ihn, grab' ihn wieder aus und nage weiter an ihm. Sei nicht zu moralisch, damit betrügst du dich um ein gutes Stück deines Lebens. Setz' dir ein Ziel über der Moral. Sei nicht einfach gut; sei gut für etwas.
Lass nichts zwischen dich und das Licht treten. Respektiere die Menschen nur als Brüder.
(27.3.1848, Thoreau in seinem Tagebuch)
Heute, in Anbetracht der schon wieder fortgeschrittenen Uhrzeit (was für eine affige Erfindung) - nur schnell noch ein paar literarische und fotografische Zitate:
„Heute sah ich einen Fuchs mit der Sorglosigkeit der Freiheit über einen
zugefrorenen See laufen. Als ich von Zeit zu Zeit seine Spur im Sonnen-
schein verfolgte, wie er den Kamm eines Hügels entlang trabte, kam es
mir vor, als hätte die Sonne nie so fröhlich und hell auf den Hang
heruntergeschienen und als wären Winde und Wälder aus Sympathie
verstummt. Da übergab
ich ihm Sonne und Erde als ihrem wahren
Besitzer. Er lief nicht in der Sonne, sondern es
war, als ob diese ihm folgte. Es bestand sichtlich eine Sympathie zwischen beiden.“
Thoreau (Tagebücher)
"Und noch etwas rückt dieser wichtige Essay zurecht: dass Reisen auch das
Ventil für die Sehnsucht sein kann, als eine existenziell Fremde
endlich in adäquater Umgebung zu sein, endlich mit Fug und Recht fremd
zu sein, freiwillig."
"»Reisen verwandelt die Ambivalenz zur täglichen Routine, sich einerseits
nicht zugehörig zu fühlen, daher nicht mitteilen, erklären zu müssen,
andererseits unaufgefordert angesprochen zu werden, ohne Hemmungen, mit
krankhafter Neugier, Invasionen des Privaten: Es wird versucht ins
Innere zu marschieren, erbarmungslos, als gelte es, dieses zu erobern.
Der Reisende ist preisgegeben, ausgesetzt; zwischen seiner wirklichen
und der von anderen vermuteten Identität öffnet sich ein Spalt, ein
Abgrund, weil die Gespräche stets nur begonnen, aber nie zu Ende
geführt, geschweige denn ausgeführt werden; im Grunde ist der Reisende
in einer als Konversation getarnten Endlosschleife gefangen. Sie dient
nur der Festlegung geografischer Positionen, die zugleich die Identität
des Reisenden zur Gänze ausmachen, vervollständigt durch Schlagwörter
wie Beruf oder Familienstand. In Folge verliert der Reisende die dritte
Dimension seines Selbst, verflacht und muss sich mit der Repräsentation
einer einzigen Kategorie begnügen, fremd."
Anna Kim: Invasionen des Privaten (Essay)
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